Ich neige dazu, mich von meinen Gedanken und Gefühlen gefangen nehmen zu lassen und mich in ihnen zu verlieren.
Mit Lu Jong lerne ich, dass ich nicht meine Gedanken und Emotionen bin, dass ich einen Schritt zurücktreten und sie ansehen, annehmen und dann transformieren kann.
Oder bildhaft gesprochen:
Ich stehe an einer viel befahrenen Straße, die Autos rauschen an mir vorbei, mein Blick folgt mal dem einen Auto in diese, mal dem anderen Auto in jene Richtung. Sind sie besonders laut oder groß, schaue ich ihnen noch länger hinterher.
Auf der anderen Seite der Straße sehe ich Bäume, Wald und weiß, dort ist irgendwo eine sonnenbeschienene Lichtung und ein klarer, wunderschöner See. Mein Ruhe- und Kraftort. Doch ich kann dort nicht hinüber, weil ja ständig die Autos an mir vorbeifahren, so dass ich die Straße nicht überqueren kann und dieses Ziel auch ständig aus den Augen verliere, weil ich den Autos hinterherschaue.

Nach einer schönen Lu Jong Praxis ist mein Geist klar und ruhig. Ganz deutlich sehe ich die andere Seite der Straße, ich kann gelassen über die Autos hinweg sehen, sie sind noch da, aber lenken mich nicht mehr ab.
Ich sehe meinen Kraftort ganz deutlich, spüre den Wind in den Bäumen, die warme Sonne auf der Haut und kann die klare Frische des Sees beinahe riechen.
Ich bin so sehr auf der anderen Seite, dass ich plötzlich feststelle, dass ich nie woanders war. Ich stand schon immer auf der richtigen Seite, kann den Verkehr nun hinter mir lassen.
Ich bin ruhig, gelassen und zufrieden.
Ich weiß, ich kann jederzeit zu diesem Kraftort zurückkehren, er ist immer da. Ich kann auch den Autos entspannt nachsehen oder sogar in eines einsteigen. Aber ich lasse mich nicht mehr davon gefangen nehmen. Ich habe den Wahl, hatte sie schon immer.
